Das mitten im Teufelsmoor gelegene Künstlerdorf Worpswede hat viel zu bieten – zum Beispiel einen Berg, 54 Meter hoch. Eine Rarität im rings herum platten Land. Am Fuß ist der Weyerberg dicht bewaldet mit prächtigen alten Buchen und Eichen.
Knapp unter dem höchsten Punkt ragt der Niedersachsenstein empor. Bernhard Hoetger entwarf dieses größte aus Backsteinen gemauerte Ehrenmal Deutschlands für die im 1. Weltkrieg Gefallenen des Kirchspiels.
Neben der in Form einer Spiegelsilhouette dargestellten Skulptur des Malers und Architekten Heinrich Vogeler entdeckt der Spaziergänger einen Bootssteg mit Kanu. Das finde ich sehr merkwürdig, der nächste See liegt mindestens 50 Meter tiefer. Doch vor vielen Millionen Jahren war hier Wasser. Der Weyerberg ist laut Wikipedia eine aus Sand bestehende Geestinsel, die wahrscheinlich zum Ende der letzten Eiszeit entstand als abfließendes Schmelzwasser um ihren Tonkern Sand anlagerte. Der hölzerne Bootssteg ist neueren Datums. Er wurde gebaut, um gerüstet zu sein wenn der Meeresspiegel auf Grund der Erderwärmung weiter ansteigt.
Im von jenem Heinrich Vogeler entworfenen und zwischenzeitlich aufwändig renovierten Bahnhofsgebäude ist heute ein gemütliches Restaurant / Café untergebracht.
Der reguläre Zugverkehr wurde 1978 eingestellt; ein Zug hält jedoch immer noch: Der Moorexpress. Von Mai bis Oktober transportiert dieser rote Schienenbus an Wochenenden und Feiertagen Fahrgäste und Fahrräder von Bremen über Worpswede und Bremervörde nach Stade und zurück.
Worpswede ist von Moor umgeben – dieses Moor macht die Landschaft so einzigartig. Früher konnte das Teufelsmoor nur an wenigen Stellen durchquert werden. Für die Landwirtschaft war der Boden nicht geeignet. Es wurden Entwässerungsgräben angelegt, die gleichzeitig für die Schifffahrt genutzt werden konnten. Torfabbau in großem Stil begann. Torf war vielseitig verwendbar: Zum Heizen, Kochen, Dämmen. Doch derartige Eingriffe haben auch ihre Schattenseiten. Tiere und Pflanzen verschwanden; durch die Trockenlegung des Moores entstehen Moorbrände und bei längerer Trockenheit muss künstlich bewässert werden. Gedämmt und geheizt wird schon lange nicht mehr mit Torf. 2012 lief der letzte Vertrag zum großflächigen Torfabbau aus und wurde nicht mehr verlängert. Heute wird vielerorts eine Renaturierung des Moores versucht, zum Teil mit EU-Mitteln. Davon profitieren nicht nur Sommerfrischler und Amateurfotografen wie wir, sondern vor allem die Tier- und Pflanzenwelt.
Etliche Vögel siedelten sich wieder an, darunter Kiebitze, Störche und Kraniche. Wildgänse legen auf ihrer Reise gen Süden hier einen Stopp ein. Von der ursprünglichen Moorlandschaft, wie wir sie von den vor 100 Jahren entstandenen Gemälden vieler Worpsweder Künstler kennen, ist beinahe nichts mehr erhalten. Doch wir sind im Frühsommer hier und erfreuen uns an allerlei Kleingetier.
Im Hamberger-Moor finden wir herrliche alte Bäume mit stattlichen Kronen, weißstämmige Birken, kleine Moorseen mit blühendem Wollgras, schwirrenden Libellen aller Größen.
Auf den vielen Kanälen, die das Moorgebiet durchziehen wurde einst der Torf auf Kähnen bis nach Bremen gebracht. Die Kähne fahren noch heute – sie transportieren Touristen.
Wer zwischendurch Hunger verspürt kann sich in einer der zahlreichen Hütten am Weg stärken. Wir kehren in Melchers Hütte ein (An der Hamme 3, Osterholz-Scharmbeck). Es ist eine der traditionellen Hammehütten und liegt am westlichen Ende des Hauptumschlagplatzes für Torf – damals. Im 19. Jahrhundert. Große Tische laden im Außenbereich zum Picknick ein. Das Moorbier wird trotz fehlendem Kühlschrank eiskalt serviert. Strom gibt es in der Hütte nicht, daher auch kein warmes Essen – aber leckeren Kuchen!
Im Ort Worpswede selbst gibt es eine Galerie neben der nächsten und etliche interesante Skulpturen und Kunstwerke im öffentlichen Raum. Ein Besuch lohnt sich zu jeder Jahreszeit. Die traditionellen Häuser sind vielfach mit Reet gedeckt und haben Gesichter.
Übernachtet haben wir im Haus Niedersachsen, am Fuß des Weyerbergs gelegen, umgeben von einem großen Garten mit Blick auf die Pferdekoppel.
Wer mehr lesen möchte oder gar selbst hinfährt, dem empfehle ich www.worpswede.de