Wer Wuppertal nur im Auto sitzend von der Durchfahrt über die A46 kennt, wird es nicht glauben: Ich bin vom Zentrum in Wuppertal Barmen nach Sonnborn gut 20 Kilometer ausschließlich durch dichten Wald und Parkanlagen gewandert! Das geht. Es ist die 7. Etappe des Wupperweges. Dieser Wanderweg führt meist – wen wundert’s – entlang der Wupper. Nur in Wuppertal nicht. Hier geht er über die Südhöhen mit herrlichen Ausblicken auf die Stadt. Um zum Ausgangspunkt des Weges zu kommen muss der Wanderer, der die Strecke wie ich in Einzeletappen läuft, allerdings zunächst den Berg hinauf. Immerhin 330 Höhenmeter. Vom Bahnhof Barmen ist das recht idyllisch – man folgt der Spur der 1959 stillgelegten Bergbahn, die auf direktem Weg steil hinauf zum Toelleturm führt. Alternativ und vor allem weniger anstrengend, läuft man über die in weiten Kehren sich windenden Wege durch die Barmer Anlagen. Wikipedia weiß zu berichten, dass die Barmer Anlagen die zweitgrößte private Parkanlage Deutschlands sind. Der größte Teil gehört der Stadt Wuppertal und 77 ha dem Barmer Verschönerungsverein. Die Anlagen sind frei zugänglich. 1864 wurden sie nach den Plänen des königlichen Gartenbaudirektors Joseph Clemens Weyhe gestaltet. Der insgesamt etwa 300 Hektar große Park besteht zu großen Teilen aus Wald; etwa 100 Hektar wurden als Landschaftsgarten gestaltet. Hier stehen stattliche alte Bäume umgeben von großen Wiesenflächen die im Sommer zum Picknick einladen. Am oberen Ende des Parks beginnt der Wald und nach wenigen Metern steht auf einer Wiese eine Skulptur des britischen Künstlers Tony Cragg. Elliptical Column, eine aus vielen Einzelteilen bestehende Metallskulptur, ist ein Geschenk Craggs zum 150. Geburtstag des Barmer Verschönerungsvereins. Der Künstler lebt seit Jahren in Wuppertal.
Das erste Ziel meiner Wanderung ist erreicht: der Toelleturm. Dieser 1887/8 erbaute Turm ist einer von fünf Aussichtstürmen die auf den Wuppertaler Hügeln verteilt stehen. 146 Stufen führen auf den 26 Meter hohen Turm. Von oben bietet sich eine wunderbare Aussicht über die Stadt – sofern der Turm geöffnet ist. Ich bin jedoch zu früh aufgestanden – Einlass sonntags ab 11 Uhr. Auch der Eis verkaufende Kiosk öffnet erst um 11 Uhr.
An diesem Turm stoße ich auf den Wupperweg. Durch eine Wohnstraße mit hübschen Häusern gut situierter Bürger geht es am bunten Wasserhäuschen vorbei in den Wald, den Kothener Busch. Das ist gut, denn es beginnt zu regnen. Damit muss man in Wuppertal immer rechnen, auch wenn der Wetterbericht etwas Anderes vorhersagt. Auf einem breiten Weg folge ich der Markierung „Raute 6“ leicht bergab vorbei an hoch gewachsenen Buchen. Bei dem Schild „Achtung schnell fahrende Radfahrer“ bleibe ich stehen. Mountainbiker haben hier eine eigene unwegsame downhill-Trasse, aber bei Regen ist nur einer unterwegs. Er schiebt sein Rad den Berg hinauf. Im weiteren Verlauf folgen zwei Kleingartensiedlungen mit einem BVB-Fan und dann erscheint hinter einem Zaun ein nacktes Hinterteil! Paris ohne Arme – eine Skulptur von Markus Lüpertz. An dieser Stelle grenzt der Wanderweg an den Wuppertaler Skulpturenpark. Dank der privaten Initiative des Bildhauers Tony Cragg wurde der mitten im Wald gelegene Park 2008 eröffnet. Hier stellt der Wahlwuppertaler nicht nur seine eigenen vielseitigen Objekte zur Schau, sondern auch Kunstwerke von namhaften Weggefährten. Den Besuch des Parks in diese Wanderung einzubauen ist machbar, aber zwei Stunden sollten dafür eingeplant werden. Das außerhalb des Parks liegende Cafe „Podest“ bietet mit leckerem Kuchen und Herzhaftem eine gute Möglichkeit zur Einkehr. Weitere Infos: www.skulpturenpark-waldfrieden.de
Ich jedoch lasse den Park rechts liegen und marschiere weiter durch den Christbusch hinauf zum Freudenberg. Zum ersten Mal quere ich eine der vielen Schnellstraßen die Wuppertal umgeben. Bislang hatte ich in keinster Weise das Gefühl in der Stadt zu sein. Dadurch, dass der Weg immer fernab von Straßen verläuft, konnte ich immer noch kein Eis essen. Hungern muss ich jedoch nicht: Ich habe meinen Mittagssnack dabei und lasse mich auf der scheinbar einzigen Bank in einer Kleingartensiedlung oberhalb der Gelpe nieder. Von hier blicke ich hinüber nach Remscheid. Dazwischen liegen die Bäche Gelpe und Saalbach. Schon im 14. Jh. wurde dort Eisen verarbeitet. Bis zum Beginn des 20. Jhs. gab es dort mehrere Hundert Hammerwerke und Schleifkotten, die die Wasserkraft zur Herstellung von Sicheln, Sensen und anderen Schneidwaren nutzten. Heute sind die meisten Kotten verschwunden; das Gebiet ist Naherholungsraum und hervorragendes Wandergebiet. Aber das hebe ich mir für einen anderen Tag auf. Gestärkt marschiere ich nun auf einer geteerten Straße Richtung Burgholz. Am Sendemast stand bis vor wenigen Jahren das traditionsreiche Ausflugslokal Rigi Kulm. Bekannt für seinen guten Kuchen und die große Terrasse. Da kein Nachfolger gefunden werden konnte wurde das Haus abgerissen – heute stehen hier fünf Häuser mit Eigentumswohnungen. Kein Kuchen, kein Eis.
Durch den Wald steige ich ab zum Wuppertaler Zoo und zur S-Bahn-Station Zoologischer Garten. Hier gibt es im ehemaligen Bahnhof ein gutes griechisches Lokal mit großem Biergarten. Ein kühles Getränk hilft nach der Wanderung die Lebensgeister neu zu wecken, doch – kein Eis auf die Hand.
Der 2005 vom Sauerländischen Gebirgsverein in Zusammenarbeit mit dem Wupperverband geschaffene Wupper-Wanderweg führt meist entlang der Wupper. Er startet an der Wupperquelle in Börlinghausen und endet nach 125 Kilometern in Rheindorf in den Rhein.
Für Nachahmer empfehle ich den Wanderführer „Der Wupperweg“ von Jörg Mortsiefer und die Webseite Berg-Mark-Wege