Nachdem wir, eine Gruppe von 12 Reisenden ausDeutschland, in kleinen Grüppchen Leh und die Umgebung mit den vielen Klösternund Palästen erkundet haben, steht nun eine 4-tägige Trekkingtour auf unserem Programm. Mit einem Bus werden wir in zwei Stunden zum Kloster Likir gebrachtund am Fuß des Klosters abgesetzt. Den Berg zum Kloster hoch dürfen wir laufen. Wir wandern nur mit unserem Tagesrucksack auf dem Rücken, das Gepäck wird mitdem Bus weitergefahren.
Kloster Likir
Likir gehört mit seiner 900 Jahre währenden Geschichtezu den ältesten Klöstern Ladakhs. Der vom König mit dem Bau beauftragte Yogiwählte diesen seit Urzeiten heiligen Ort. Mit magischen Riten umschloss er denPlatz mit fiktiven Schlangenkörpern, um die Angriffe böser Dämonen abzuwehren.So erhielt dieses Kloster seinen Namen Lu-Khyil „die von Schlangen Umschlossene“.
Seit einigen Jahren wird der Besucher von Likir von einer riesigen Maitreya-Statue (Buddha der Zukunft) empfangen.
Von Likir nach Yangthang
Die umliegenden Berge sind kahl und steinig. Der schmale Weg geht zunächstein Stück den Berg hinunter und geht dann in eine breite, ungeteerte Fahrstraßeüber. An einem Flüsschen machen wir Mittagspicknick, danach geht es im Zickzacksteil bergauf. Alle schnaufen wie Dampfmaschinen – die sauerstoffarme Luft indieser Höhe macht uns immer noch zu schaffen. Nach gut einer Stunde erreichenwir den 3.900 Meter hohen Pass. Zum Glück bleiben wir auf dieser Höhe bisYangthang. Hier ist bereits unser Zeltcamp von fleißigen Helfern aufgebaut.Welch ein Luxus – wir müssen nichts selbst machen!
Von Yangthang nach Hemis Shukpachan
In der Nacht hat es geregnet. Sehr ungewöhnlich. Mein Husten, der mich seit Leh quält, ist schlimmer geworden. Ich entscheide michheute für die weniger schöne, aber kürzere Strecke über die Fahrstraße zulaufen, während die anderen die längere Strecke über den Pass wählen. Soerreiche ich schon nach zwei Stunden Wanderung das heutige Etappenziel, dasDorf Hemis Shukpachan. Das Örtchen ist eine grüne Oase eingebettet in kahleBerge und ist bekannt für sein Wacholderwäldchen.
Ich schlendere durch die wenigen Straßen und komme zu einem größeren Haus an dem zwischen zwei Fenstern ein Ziegenbockschädel zur Abwehrböser Geister aufgehängt ist. Ich zücke gerade meine Kamera da tönt es auseinem der Fenster des 1. Stocks: „Julee“ (=Hallo). Eine ältere Frau winkt und bedeutet mir näher zu kommen.
Ich gehe ein paar Schritte bis hinter das Eingangstor, aber die Haustür zu öffnen und einfach einzutreten traue ich mich nicht. Da kommt die Frau halt herunter und hält mir die Tür auf. Ich folge ihr etwas unsicher eine steile Treppe hinauf in denersten Stock. Ich bin es nicht gewohnt von wildfremden Leuten deren Sprache ichnicht spreche ins Haus gebeten zu werden!
Der Küchen- und Wohnraum istgeräumig, auf dem Fußboden liegt eine Matratze mit einem Teppich darüber. Aneiner Wand steht ein hohes Holzregal mit Kupferkübeln aller Größen undTeetassen. Mir wird ein Platz auf der Matratze zugewiesen, Buttertee wird ineine Porzellantasse gefüllt und mir zugeschoben. Um dieses Getränk hatte ich mich bisher erfolgreich gedrückt, aber hier hilft alles nichts, als Gast darf ich in keinem Fall ablehnen, das wäre ein Affront. Tapfer teste ich. Schmeckt wie Brühe mit einem Stich Butter und einem Schuss Milch. Es wird gewiss nicht mein Lieblingsgetränk, aber so schlecht wie sein Name ist er nicht!
Auf dem Tisch steht eine Schüssel mit Tsampa (Gerstenmehl) dem Grundnahrungsmittel der Ladakhis. Die Frau wirft sich einen Löffel Mehl in den Mund und spült es miteinem Schluck Tee hinunter. Ich tue es ihr gleich. Etwas staubig und klebt am Gaumen, aber geht. Dann nimmt sie etwas Mehl in ihre Hand, gibt einen Schluck Buttertee hinzu, knetet es mit beiden Handflächen zu einem kleinen Fladen undlegt ein Löffelchen weiße Masse darauf, die sie aus einem Gefäß holt. Das reicht sie mir. Was auch immer es sein mag, ich stecke es in meinen Mund. Salziger Yoghurt, etwas streng, aber nicht schlecht!
Mit Händen und Füßenversuche ich Konversation zu betreiben um ein bisschen von der Frau und ihrem Leben zu erfahren, aber mein ganzer Wortschatz beläuft sich auf „Julee“ und Lächeln. Zu Hause werde ich mir als Erstes ein „Ohne Wörter Wörterbuch“ zulegen!
Plötzlich ertönt Mönchsgesang! Die Frau steht auf und bedeutet mir ihrzu folgen. Sie führt mich in einen großen, angrenzenden Raum in dem ein Mönch und acht ältere kahl geschorene Nonnen aufgereiht zu beiden Seiten sitzen. Ich bin im Kloster gelandet! Ich soll mich hinsetzen und fotografieren. Der Fingerzeig auf meinen Fotoapparat ist eindeutig. Ich fühle mich unwohl. Zu Hause fotografiere ich auch nicht während eines Gottesdienstes! Noch dazu habe ich keinen Blitz dabei und einen lichtschwachen 50 ISO Film in der Kamera, aber wie soll ich das erklären?!
Ich setze mich also auf den Teppich, Versen nach hintengerichtet nur nicht zur Buddhastatue, und lausche den Rezitationen. Als die Nonnen nach etwa 15 Minuten fertig sind schwatzen alle aufgeregt durcheinander und heißen mich Willkommen. Jetzt ist der Zeitpunkt für ein Foto! Der Raum ist zwar viel zu dunkel, aber egal Hauptsache es klickt. Ach, wenn ich mich doch nur verständigen könnte!
Mit Kopfnicken, Lächeln, Gesten verabschiede ich mich. Von unserem Guide lasse ich mir später die genaue Anschrift geben und schicke das Foto, digitalisiert, aufgehellt und ausgedruckt mit einer Postkarte aus Wuppertal an die freundliche Gemeinschaft.