La Dique – wo die Granitfelsen am Schönsten sind

La Dique und ich sind keine Freunde geworden. Warum? Weiß ich nicht so richtig. Vielleicht weil hier gefühlt mehr Tourist:innen als Einheimische unterwegs sind. Vielleicht weil ich meistens bei Flut die sagenhaften Strände besucht und vor allem gesucht habe. Bei Flut sind die Strände beinahe komplett unter Wasser und die schönen roten Granitfelsen, für die La Dique so bekannt ist, sind im Wasser. Das limitiert die Fotoperspektiven extrem. Warum ich nicht einfach bei Ebbe an den Strand gegangen bin? Ebbe war an den meisten Tagen zwischen 11 und 15 Uhr – da haben Fotograf:innen bekanntlich frei! Nicht nur das Licht ist dann mäßig bis schlecht, es ist auch die heißeste Zeit.

Anse Source d'Argent
Anse Source d’Argent

Die meisten Tourist:innen kommen wegen der zahlreichen Sandstrände. Der Sand ist unglaublich fein. Wunderschön und nervig zugleich. Nervig für mich, wenn ich mich hinlegen muss um eine Krabbe auf Augenhöhe zu fotografieren.

Gehörnte Geisterkrabbe

Ich nutze zwar einen großen Müllsack als Unterlage (á la Fritz Pölking), aber trotz allem komme ich mit diesem feinkörnigen Zeug in Berührung. Und es klebt. Das mag an meiner Haut liegen. Auf ihr haftet eine Schicht Sonnencreme, die zweite Schicht besteht aus Anti-Mücken-Mittel (ohne geht nicht, die Viecher saugen mich sonst aus bei lebendigem Leib, aber immerhin gibt es keine Malaria auf den Seychellen) und die dritte Schicht besteht aus Schweiß. Bei täglich 27 °Celsius und mehr als 80% Luftfeuchtigkeit bist Du allein durch aufrechtes Sitzen schon in Schweiß gebadet. Diese Haut dann in Sand getunkt ist dekorativ paniert und diese Panade hält sich hartnäckig. Aber der Strand sieht unumstritten hübsch aus. Wenn er da ist.

Anse Source d’Argent bei Ebbe

Die meiste Zeit bin ich zu Fuß unterwegs. Ich sehe und höre so einfach mehr. Wie die endemischen Bülbüls, die einen Mangobaum mit reifen Früchten entdeckt haben und sich am auf die Straße gefallenen saftigem Fruchtfleisch gütlich tuen. Eine sattgrüne Raupe verschmähen sie auch nicht.

Oder die ebenfalls endemischen Seychellen-Nektarvögel. Sie sind fllink, geschickt und ständig in Bewegung.

Seychellen-Nektarvogel

Wanderung zum Nid d’Aigle

Alles hier ist sehr sauber, die Straßen und Strände sind stets gefegt. Pico bello. Leider wird allzu häufig mit Laubpustern gearbeitet. Da laufe ich die idyllische, von hohen Bäumen bestandene steile Straße zum höchsten Berg der Insel schnaufend und schwitzend hinauf, nur um am Ende der Straße von einem Arbeiter mit einem Benzin getriebenen lärmendem Gerät empfangen zu werden.

Tja und mit dem Ende der Straße endet auch meine kleine Wanderung. Der Weg zum höchsten Berg von La Dique, der Nid d’Aigle ist sogar ausgeschildert. Dieser Hügel ist schlappe 333 Meter hoch. Lachhaft.

Denke ich. Außerdem habe ich schon gut dreiviertel der Höhe geschafft als die Straße endet und in einen Pfad übergeht. Dieser führt geradewegs über in eine lehmige, hüfthohe schmale Stufe ins Gebüsch. Ich bin 1,64 Meter groß. Wie soll ich da hochkommen? Es gibt nichts wo ich mich rechts oder links hochziehen könnte und der winzige Zehentritt auf halber Höhe ist so rutschig wie Glatteis. Ich finde keinen Halt. Es hat am Tag zuvor heftig geregnet, möglicherweise ist es bei trockenem Wetter besser. Ich bin noch dazu allein, kein anderer Wanderer in Sicht, der mich ziehen oder schieben könnte. In jedem meiner drei Reiseführer wird diese Tour angepriesen. Moderat soll sie sein. Ein schweißtreibender Spaziergang dachte ich, hatte aber vorsichtshalber meine Wanderstöcke mitgenommen. Sie nutzen an dieser Stelle leider auch nichts, im Stabhochsprung bin ich nicht geübt. Ziemlich frustriert gebe ich mich geschlagen.

Na ja, die Aussicht ist auch von einer Stelle unterhalb des Gipfels gut.

Blick auf Mahé und Round Island

Zurück in meiner wunderschönen Unterkunft schaue ich enttäuscht bei Komoot nach, in der Hoffnung auf eine andere Wanderidee. Es gibt keine. Die Tour, die ich machen wollte wird als „sehr schwer mit erforderlicher Trittsicherheit und alpiner Erfahrung“ beschrieben. Na, wenigstens war es nicht nur mein Gefühl und mein Alter was mich da nicht hinauf gebracht hat.

Unterkunft in La Réunion

Meine Unterkunft. Ein hübsch im kreolischen Stil eingerichtetes Chalet mit eigenem Pool. Also, eher eine große Badewanne, aber eine absolute Wohltat wenn Du verschwitzt mit aufgeheiztem, gefühlt kochendem Blut von einer Tour zurückkommst und dann in dieses 25 Grad Celsius gefühlt eiskalte Wasser steigst.

Besonders nett sind meine gefiederten Freunde: Bertha I, kinderlos

Bertha I

und Bertha II mit zunächst drei Kindern, von denen eins eine Nacht wohl nicht überlebt hat. Die Hühner kommen sofort angerannt, ja sie überfliegen sogar eine kleine Hecke um schnell zu sein, wenn ich von einem Ausflug zurückkehre und den Schlüssel in die Tür stecke. Klar, sie wissen, wenn ich da bin, esse ich etwas und sie bekommen eine handvoll Reiskörner. Sitze ich am Tisch auf der Terrasse schauen sie erwartungsvoll und hoffen, dass etwas für sie abfällt. Meistens ist das auch der Fall. Stehe ich dann auf, und setze mich in den Liegestuhl, um einen Kaffee zu genießen und zu lesen, gehen sie weiter. Sie wissen: Mahlzeit beendet. Richtig coole Viecher.

Die einzigen Orte – La Passe und La Réunion

La Dique ist mit 10 Quadratkilometern etwa halb so groß wie Amrum und nur mit dem Boot oder dem Hubschrauber zu erreichen. Etwa 2200 Einwohner verteilen sich auf die beiden Hauptorte La Passe und La Réunion. Es gibt einen großen Supermarkt und mehrere kleine Lebensmittelmärkte, einen Bäcker, eine Apotheke, Souvenirläden und eine interessante, schlicht gehaltene Kirche. Als Fortbewegungsmittel steht das Fahrrad an erster Stelle – bei Einheimischen und gleichermaßen bei Besucher:innen. Die meisten Räder sind mit einen Korb ausgestattet – für’s Badehandtuch. Während die Einheimischen immer adrett gekleidet sind, laufen etliche Tourist:innen in ziemlich spärlicher Badekleidung durch den Ort, was bei manchem nicht gut ankommt.

Grande Anse

An einem Tag leihe auch ich ein Rad und fahre zum wilden Strand, dem Grande Anse. Es geht durch dichten Regenwald auf einer guten Straße. Am Grande Anse sind die Wellen richtig hoch. Fast wie an der Nordsee. Im Sommer. Baden solltest Du hier nicht, die Strömung kann sehr stark sein, aber zum Anschauen ist es klasse.

Anse Source d’Argent

Der weitaus bessere Badestrand ist der Anse Source d’Argent. Der Strand der Strände. Hier wurden Filme gedreht, hier wird geheiratet. Der Strand fällt sanft ins Meer ab. Wenn die Sonne scheint leuchtet das Meer türkis. Seychellen pur, wie im Prospekt der Reiseveranstalter. Ab 11 Uhr wird es jedoch voller und es gibt tatsächlich noch Menschen mit heller Haut, die sich direkt in die Sonne legen – obwohl es dank der Palmen und Takamaka-Bäume auch reichlich Schatten gibt. Ein Strand kommt jedoch selten allein. Nach dem Anse Source d’Argent geht es auf einem Strandweg weiter zum Anse Pierrot und Anse aux Cedres. An all diesen Stränden sind nicht nur der feine Sand faszinierend; eine besondere Anziehungskraft haben vor allem die großen Granitbrocken.

Direkt hinter dem Strand ist dichter Wald aus Mangroven, Palmen und Takamakabäumen. Etliche Landkrebse sind unterwegs.

Eine gedrehte Muschel liegt im Sand. Bei genauem Hinsehen sehe ich ein Bein daraus hervorschauen. Hier wohnt ein Einsiedlerkrebs. Ein weiterer ist sogar auf einen Baumstamm geklettert.

Ich setze mich ans Ufer und entdecke einen Mangrovenreiher. Er ist auf der Jagd. Manchmal wagt er sich recht weit Richtung Meer und fliegt dann entsetzt auf, wenn ihn eine Welle erwischt. Salzwasser mag er wohl nicht. Es ist Flut. Der Reiher entscheidet sich sich zunächst für den sicheren Standort auf einem Felsen. Das scheint aber nicht so ergiebig zu sein, also geht er doch wieder mit den Füßen ins Salzwasser.

Union Estate

Der Anse Source d’Argent liegt auf dem Gelände des privaten Unternehmens Union Estate. Wer auf dem Landweg diesen Strand erreichen möchte, muss umgerechnet 10,50 Euro Eintritt bezahlen. Es gibt die Möglichkeit bei Ebbe kostenlos zu diesem Strand zu wandern, ich gebe jedoch zu bedenken, dass man auch bei Ebbe zurückwandern muss.

Anse Source d’Argent

Auf dem Gelände der Union Estate wurde bis in die 1980er Jahre Kopra gewonnen und Vanille angebaut. Kopra ist das getrocknete Fleisch der Kokosnuss, aus ihr wird Kokosöl gewonnen. Palmöl hat heute Kopra verdrängt und Vanillearoma wird künstlich hergestellt. Dennoch wird auf der Union Estate noch Vanille angebaut und kann käuflich erworben werden. Auch Obst und Gemüse werden angebaut, zur Versorgung der Inselbevölkerung. Die alte Kopramühle und der Ofen sind heute Museumsstücke und wer Glück hat, trifft einen Mitarbeiter an, der bereitwillig erklärt, wie vor 40 Jahren gearbeitet wurde.

Die Ostseite La Diques

Ein Ausflug auf die Ostseite von La Dique lohnt sich ebenfalls. Radfahrer sollten nicht zu schnell unterwegs sein, denn hinter einer Kurve kann eine Aldabra-Riesenschildkröte gerade ein Nickerchen machen. Es gibt viele schöne Strände und kurz vor dem Ende der Teerstraße, am Anse Banane, wartet ein wunderbares Lokal: Chez Jules. Ich trinke nur einen Kaffee hier und genieße die Aussicht. Anstelle langweiliger Karamelkekse gibt es frische Kokosstückchen. Die Spezialität des sehr renomierten Kochs ist übrigens Flughundcurry. Ich habe es nicht probiert.

Das Wetter in den sechs Tagen auf La Dique war sehr wechselhaft: Sonne satt, strömender, sintflutartiger Regen und alles andere dazwischen. Jetzt, im September, herrscht Südostpassat. Nicht gut zum Schnorcheln, aber angenehm zum Wandern, denn es weht meist ein leichtes Lüftchen.

Anse Source d'Argent

Insgesamt besuchte ich vier Inseln; die Unterkünfte und den Transport buchte ich über Seyvillas – eine überaus empfehlenswerte Organisation.