Huskysafari – mit dem Hundeschlitten unterwegs in Lappland

80°C Hitze. Der Schweiß läuft an meinem nackten Körper herunter. Das Holzfeuer im Ofen knistert. Da sitze ich mit meinem Mann in dieser winzigen finnischen Holzhüttensauna mitten im Wald. Um uns herum stehen nur Kiefern in einer tief verschneiten Landschaft. -20°C sind es draußen. Was für ein Tag! Haben wir das frühlingshafte Düsseldorf wirklich erst gestern verlassen? Die Finnair brachte uns in 2 ½ Stunden nach Helsinki. Nach kurzem Aufenthalt ging’s weiter nach Kittilä, einem 6000 Seelenort 150 km nördlich des Polarkreises. 0,7 Einwohner kommen dort auf einen qkm. Ich hatte mich seelisch auf eine kleine, schaukelige Propellermaschine eingestellt, doch weit gefehlt: wir bestiegen eine bis auf den letzten Platz besetzte DC 9. Kittilä ist ein viel besuchtes Wintersportgebiet; von Oktober bis Mai liegt Schnee. Zur Wintersonnenwende (21./22.12.) geht die Sonne nicht auf, doch jetzt, im März gibt es schon wieder viele Stunden Helligkeit. In Kittilä erwartet uns ein Herr mit roten Wangen und einer dicken Pelzmütze auf dem Kopf und einem Namensschild in der Hand auf dem steht: Padberg. Das sind wir. „Tervetuloa! Welcome to Finland!“. Dieser Taxifahrer bringt uns in seinem Sammeltaxi die ca. 100 km bis nach Muonio zur Feriensiedlung Harriniva. Die Gebäude sind einstöckig und passen gut in die Landschaft. 150 Betten zählt die Unterkunft und jetzt zur Hochsaison, sind alle Zimmer belegt. Die Räume sind gemütlich und großzügig eingerichtet und wir blicken hinaus auf den nur teilweise zugefrorenen Fluss Muonio. Am anderen Ufer liegt Schweden.

Zum Abendessen wird uns der Tisch mit dem Namen Tuula zugewiesen. Nach und nach gesellen sich die anderen Mitreisenden an unseren Tisch: Denise aus der Schweiz, Jan aus Hamburg, Thomas aus Dresden, Claudia aus München und wir zwei. Dann steht Tuula an unserem Tisch. Sie hat dunkle Haare und braune fröhliche Augen – und ich dachte Finnen seien immer blond! Tuula wird uns für die kommenden sechs Tage auf der Hundeschlittensafari begleiten. Sie ist Mitte 30 und kommt aus Lappland. „Hunde mochte ich schon als Kind und so kam ich auf die Idee Huskys zu züchten.“ erzählt sie uns. Heute hat Tuula 70 Hunde mit denen sie im Winter Touristen begleitet. Nach dem hervorragenden Abendessen aus Rentiergeschnetzeltem mit Kartoffelpüree und Preiselbeeren gehen wir gemeinsam in die Kleiderkammer. Jeder erhält einen Schneeanzug, Mütze, dicke Handschuhe, Stiefel und einen warmen Schlafsack.

Am nächsten Morgen sind wir bereit für unser Abenteuer. In den klobigen aber herrlich warmen Stiefeln und dem steifen Schneeanzug noch etwas unbeholfen treffen wir das erste Mal auf die Hunde. Sie erwarten uns mit ohrenbetäubendem Gebell, denn sie wissen, dass es bald auf Tour geht. 200 Huskys gehören zu Harriniva, doch Tuula hat ihre eigenen Hunde mitgebracht, da sonst zu wenig Tiere vorhanden wären. Auf jeden Tourist kommen immerhin 4 Hunde! Tuula züchtet kanadische Huskys. Sie sind schlanker, laufen schneller, doch sie haben nicht so ein dickes Fell und brauchen mehr Pflege als die Sibirischen Huskys. Jeder von uns bekommt einen Schlitten zugewiesen in dem das eigene Gepäck sowie die Lebensmittel für eine Woche verstaut werden. Es folgt die kurze Einweisung von Tuula: „Du stehst auf den Kufen, hier hälst Du Dich fest, hier ist die Bremse und diese Leine wickelst Du um einen Baum wenn wir Pause machen“ Okay, alles klar, ist doch nicht schwer! Die Hunde werden eingespannt und schon saust der Schlitten los. Meine Hunde fliegen förmlich mit mir über die Loipe, denn ich wiege nur 50 Kilo. „Du musst bremsen“ schreit Tuula mir zu. Na gut, denke ich. Dabei würde ich so gern überholen, doch das ist verboten, die Reihenfolge der Schlitten(hunde) wurde von Tuula festgelegt.

Nach einer Stunde Fahrt durch die märchenhafte schneeweiße Landschaft gibt Tuula das Signal zum Anhalten. Jan hat einen Hund namens Sprite im Gespann. Sprite ist ein sibirischer Husky der normalerweise nicht in Tuulas Gespann gehört. Sie hat ihn von Harriniva geliehen. Er macht nur Unsinn, beißt seine Nachbarin, läuft in die falsche Richtung, wechselt ständig die Seite und verzettelt sich dadurch hoffnungslos im Geschirr. Tuula vermutet, dass Sprite keine Männer mag und bittet mich mit Jans Gespann zu tauschen. Ich gebe zwar ungern meine braven Hunde gegen ein Chaotengespann ab, aber Tuula ist die Chefin. Doch welch eine Wandlung: bei mir sind es die liebsten Hunde der Welt. Auch Sprite. Jedes Mal wenn wir einen Hang hinunter fahren schaut er sich nach mir um. „Warum“, möchte ich von Tuula wissen, „die anderen drei blicken nur nach vorn“. „Er hat sicher schlechte Erfahrung mit Touristen gemacht. Berg runter sind viele Menschen im Geschwindigkeitsrausch und vergessen dabei, dass der Schlitten schneller gleitet als die Hunde rennen können. Dann kommt es vor, dass die Tiere vom Schlitten überrollt werden! Es hat schon sehr schwere Unfälle gegeben und auch Sprite hatte schon mal einen Gipsfuß! Ich verspreche Sprite und Jannika, die neben ihm läuft, aufzupassen. Sprite hat nicht nur einen witzigen Namen, er sieht auch lustig aus: er hat ein dunkles und ein strahlend blaues Auge – das kommt bei sibirischen Huskys häufig vor. Noch dazu ist er ein Spaßvogel. Während des Laufens beißt er immer mal wieder in den Schnee am Rand der Loipe und sobald wir anhalten schmeißt er sich mit dem Kopf zuerst in den Tiefschnee, dann sehe ich nur noch seine Hinterläufe! Ihm ist bei -15°C in seinem dicken Pelz einfach zu heiß, er möchte sich abkühlen.

Mittagessen unterwegsMittags machen wir Rast an einer Feuerstelle mitten in der Wildnis unter freiem Himmel. Mit dem mitgebrachten Holz entfachen wir ein Feuer, der Wasserkessel wird mit Schnee gefüllt und dann packt Tuula Lachsfilets aus. Sie holt eine große Pfanne aus ihrem Schlitten, legt ein Stück Butter hinein und schon brutschelt der Fisch. Dazu bekommen wir leckeres Fladenbrot, bestreichen es mit Kräuterfrischkäse und fertig ist das Mittagessen. Köstlich! Der Tee dauert etwas länger, denn immer wieder müssen wir Schnee nachfüllen um genügend Wasser in den Kessel zu bekommen. Zu lange Pause machen dürfen wir allerdings nicht: die Hunde wollen weiter und bellen sich die Seele aus dem Leib. Die Route führt auf einer gespurten Loipe durch eine sanft hügelige Landschaft, mal durch dichte Kiefernwälder mal über vereiste Seen. Die Fahrt über die Seen ist herrlich entspannend. Die Schlitten gleiten über den Schnee, ich höre nur das rhythmische Getrappel der Hundepfoten. Doch wenn es bergauf geht, wird es auch für uns anstrengender, denn wir sollen den Tieren helfen und mit einem Fuß Schwung geben. Bleibe ich mal faul mit beiden Füßen auf den Kufen stehen und will mich ziehen lassen, schaut sich meine weiße Leithündin Lumikki (zu Deutsch: Schneewittchen) mit einem strafenden Blick zu mir um. Bewege ich mich dann immer noch nicht, bleibt sie einfach stehen und mit ihr die drei anderen Hunde meines Gespanns.

Am Spätnachmittag erreichen wir das Camp. Es handelt sich um eine Ansammlung von vier Holzhütten. In der einen übernachten wir, in der zweiten wird das Futter für die Hunde gelagert, die Dritte ist das Toilettenhäuschen und in der vierten befindet sich die Sauna. Doch bevor wir in die Sauna gehen dürfen, gibt es noch reichlich Arbeit. Mit einem Eisbohrer, einer Kelle, einem Eimer und einem Schlitten (ohne Hunde) gehen Jan und ich zum See und bohren ein Loch ins Eis um Wasser zu schöpfen. Kai hackt das tiefgefrorene Fleisch für die Hunde in mundgerechte Portionen. Thomas und Denise hacken Holz für das Feuer, Claudia und Tuula verteilen Stroh unter den Hunden, damit sie in der Nacht nicht auf dem kalten Boden liegen müssen. Die kanadischen Huskys rollen sich sofort dankbar darauf zusammen, Sprite dagegen zieht nur seine Augenbrauen hoch und legt sich demonstrativ neben das Stroh!

Husky

Das Eiswasser wird auf dem großen Saunaofen zum kochen gebracht und dann auf das gehackte Fleisch gegossen. Die Fleischbrühe wird mit Kraftfutter angereichert und dann servieren wir diese Kreation unseren Tieren. Innerhalb von einer Minute sind die Näpfe leer, nun können auch wir ans Abendessen denken. Der große Holzofen in der Mitte der Hütte hat unsere Behausung wohlig warm gemacht, doch es kommt noch besser. Die Sauna ist ebenfalls heiß und bietet jeweils zwei Personen Platz. Dort sitze ich nun und schwitze. Der Schweiß tritt aus allen Poren, mir ist heiß. Zu heiß. Ich möchte mich abkühlen. Doch soll ich jetzt wirklich nach draußen springen und mich in den Schnee schmeißen so wie Sprite es vorgemacht hat? Dreimal tief durchatmen und los geht’s. Mir bleibt fast das Herz stehen, ich möchte schreien vor Schmerz, doch dieses Prickeln jeder einzelnen Pore beim wieder Eintreten in den Saunavorraum ist erhebend. Was für ein Tag! Ich bin müde und geschafft, obwohl ich doch nichts anderes geleistet habe, als auf einem Schlitten durch die Landschaft zu fahren. Ich bin k.o. Herrlich fertig. Ich schlafe tief und fest in meinem warmen Schlafsack, bis mich am nächsten Morgen die Hunde mit ihrem Gebell wecken. Sie wollen los. Sie wollen laufen. Ich werde sie nicht länger warten lassen, denn auch ich freue mich darauf auf dem Schlitten durch die Landschaft zu gleiten.

Tipps: Beste Reisezeit ist von Januar bis April, rechtzeitig buchen, die Reisen sind oft 1 Jahr im Voraus ausgebucht.

Eine Reise durch Finnland im Winter ist etwas ganz besonders: strahlend blauer Himmel (meistens … ), Kälte, eine Hochzeit im Eishotel und die oben beschriebene Fahrt mit dem Hundeschlitten durch das verschneite Lappland.

Fotos von der Huskysafari

Fotos vom Eishotel in Kemi

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