Wandern in und um Detmold

Die Covid19 Pandemie und die damit verbunden Reisebeschränkungen haben auch etwas Gutes für mich – ich lerne meine Heimat besser kennen. So ergab sich meine Wanderwoche in und um Detmold im schönen Teutoburger Wald. Mein Mann und ich mieteten eine Ferienwohnung direkt am Waldrand im Ortsteil Berlebeck. Ein wunderbarer Ausgangspunkt für Wanderungen. Natürlich steht zunächst das Hermannsdenkmal auf unserem Programm. Gut fünf Kilometer führt ein gut ausgeschilderter Waldweg direkt zum Denkmal. Vor ziemlich langer Zeit habe ich im Schulunterricht von diesem Denkmal gehört, aber was hat es damit eigentlich auf sich?

Hermannsdenkmal
Hermannsdenkmal

Das Denkmal soll an den Cheruskerfürsten Arminius erinnern. Arminius führte im 9 Jh. n.Chr. die vereinten germanischen Stämme gegen die verhassten Römer an. Seine Mannen vernichteten drei Legionen des von Varus geführten Heeres, ein achtel des gesamten Heeres des Römischen Reiches. (Eine römische Legion bestand aus 3000-6000 Soldaten.) Diese Schlacht ging als Varus-Schlacht in die Geschichte ein, doch wo sie genau stattgefunden hat ist bis heute unklar.

Hermannsdenkmal
Hermannsdenkmal

Die Statue des Hermann steht auf der Ringwallanlage Großer Hünenring und wurde 1875 eingeweiht. Mit einer Gesamthöhe von 53,46 Metern sowie der Figurhöhe von 26,57 Metern ist sie die höchste Statue Deutschlands. Bis zur Errichtung der Freiheitsstatue in den USA war sie sogar die höchste der westlichen Welt! Allein das hoch gereckte Eisenschwert ist sieben Meter lang. Sie ist auch heute noch begehbar, allerdings auf Grund der Corona-Pandemie nur mit vorheriger online-Anmeldung und nur am Wochenende.

Wer nach dem Besuch hungrig sein sollte, dem empfehle ich das Selbstbedienungsrestaurant. Dort gibt es auch ein paar Lippische Spezialitäten wie das Nationalgericht: der Lippische Pickert. Dieses große „Plätzchen“ besteht aus einem in Fett ausgebackenen Fladen aus Kartoffeln, Mehl, Hefe, Ei und Rosinen. Hier wird es serviert mit Rübenkraut und Bauernleberwurst. Eine absolut spannende Mischung! Wer nicht extra ins Lipperland fahren möchte, kann’s auch am heimischen Herd probieren. Auf der Homepage des Lipperlandes habe ich ein authentisches Rezept gefunden.

Lippischer Pickert
Lippischer Pickert

Auffällig im Teutoburger Wald ist leider das Waldsterben. Auf den ersten Blick sind 95% der Nadelbäume tot. Ganze Waldstücke bestehen aus kahlen braunen traurig anzusehenden Bäumen. Leichen. Ein trostloser Anblick. Klimawandel zum Anfassen. Überall sind Waldarbeiter mit schwerem Gerät dabei, die toten Bäume zu fällen. Sie versuchen zu retten was zu retten ist. An vielen Stellen hat der Borkenkäfer schon ganze Arbeit geleistet. Ein Fiasko für die Forstindustrie, deren Holzacker nun beinahe nichts mehr wert sind. Doch es ist auch eine Chance. Dort wo Licht auf den Boden fällt, wachsen grüne Laubbäume und Sträucher; ihnen scheint die Trockenheit der letzten drei Jahre nicht so viel auszumachen. Wer mehr zum Thema Waldsterben wissen möchte dem empfehle ich die aktuelle Dokumentation des SWR.

Waldsterben (Doppelbelichtung)
Waldsterben (Doppelbelichtung)

Wir wandern natürlich auch zu den Externsteinen – das Highlight der Region. Es handelt sich um eine Felsformation aus Sandstein, die plötzlich und unvermittelt mitten im Wald emporragt wie eine künstlich errichtete Mauer. Sie sind etwa vor 110 Millionen Jahren entstanden. Heute steht das Gebiet rund um diese Steine unter Naturschutz, gleichzeitig sind die Felsen als Bodendenkmal gelistet. Jetzt, im Corona-Jahr 2020, dürfen die Steine nicht begangen werden, die Wege sind zu eng.

Externsteine
Externsteine

Bei genauem Hinsehen entdecke ich ein Gesicht im Felsen.

Externsteine
Externsteine

Derartige Steinformationen regen natürlich seit Jahrhunderten die Fantasie der Menschen an. Die Steine wurden unter anderem als germanisches Heiligtum gedeutet, das von Karl dem Großen zerstört wurde oder gar als Sternwarte aus vorchristlicher Zeit. Wen wundert’s, dass sich viele Mythen und Legenden um diese Steine ranken. Diese Art der Gesteins-Verwitterung wird als Wollsackverwitterung bezeichnet. Sie ist meist bei grobkristallinen, massigen Gesteinen zu sehen – mich erinnern sie ganz stark an die sog. Tors im englischen Dartmoor.

Auf dem Weg zurück nach Berlebeck machen wir einen Abstecher über die Falkenburg. Die einstige Höhenburg wurde um 1190 erbaut und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts verlassen. Viele Bewohner von Berlebeck nutzten die Steine praktischerweise als Fundamente zum Bau ihrer Häuser. Die Ruine gehört heute Stephan Prinz zur Lippe; der Förderverein Falkenburg e.V. kümmert sich um den Erhalt der Burgreste. Die Burg soll nicht wieder aufgebaut werden, nur die vorhandenen Mauern sollen erhalten bleiben.

Falkenburg
Falkenburg

Es gibt auch Tage an denen wir nicht wandern möchten. Ja, wirklich. In Berlebeck, direkt unterhalb unserer Ferienwohnung ist die Adlerwarte. Sie gilt als artenreichste Adlerwarte Europas. In insgesamt zwölf Großvolieren sind Palmgeier, Sekretäre und Kappengeier untergebracht. Wir sehen hautnah den Andenkondor, Falklandkarakara und Kuttengeier. Hinzu kommen Steinadler, Weißkopfadler, Wüstenbussard und Falken in der informativen Flugschau. Eintrittskarten gibt’s mit wenigen Klicks online.

Von Berlebeck fußläufig, verbunden mit einem einstündigen Spaziergang, ist der Vogelpark Heiligenkirchen. Es gibt etliche begehbare Volieren in denen der Besucher auf Tuchfühlung mit Papageien, Emus und Wellensittichen geht. Ein Streichelzoo? Auch, aber bei weitem nicht nur. Die meisten Tiere dürfen Besucher  nur anschauen, beobachten, fotografieren. Der Park ist unter anderem bekannt für sein Papageienzuchtprogramm. Im Rahmen des EEPs (Europäischen Arterhaltungszuchtprogram) werden Doppelhornvögel, Molukkenkakadus, Equadoramazonen und Palawanpfaufasane betreut.

Wer Einkaufen gehen möchte und sich nach Kultur sehnt, dreht eine Runde durch das idyllische Städtchen Detmold. Auf dem Samstagsmarkt werden heimische Produkte angeboten, in der historischen Altstadt gibt’s eine Vielzahl von kleinen Geschäften, das fürstliche Residenzschloss kann im Rahmen einer Führung besichtigt werden und die bekannte Musikhochschule bietet Konzerte an.

Residenzschloss Detmold
Residenzschloss Detmold

Auch in Detmold habe ich ein kulinarisches Highlight entdeckt, das ich gern weiterempfehle: Stellt Euch einen gehaltvollen Brownieteig vor mit eingearbeiteten Walnüssen, darauf eine Lage Kirschen, darüber eine Joghurt/Sahnecreme und zum Schluss noch etwas Krokant und Mangosauce. Fertig. Das – und vieles mehr aus eigener Herstellung – gibt’s im Traditionscafe Wortmann, Langestraße 33.

Kleine, leckere Kalorienbombe
Kleine, leckere Kalorienbombe

Empfehlen möchte ich auch einen Tag im LWL Freilichtmuseum – wobei für den Besuch ein Tag fast schon zu kurz ist! Mit 90 Hektar ist es das größte Freilichtmuseum Deutschlands. Der Besuch wird zu einer wahren Zeitreise. 120 vollständig eingerichtete Gebäude aus allen Regionen Westfalens können besichtigt werden. Im Corona-Jahr 2020 gibt es einige Einschränkungen und Begrenzungen hinsichtlich der Besucher innerhalb der Gebäude. Es gibt Mühlen, Bauernhöfe, Werkstätten, eine Kirche, eine Schule, eine Apotheke und vieles mehr. Die Außenanlagen sind weitläufig mit Streuobstwiesen, Bauerngärten, Hühnern, Gänsen, Pferden.

Freilichtmuseum Detmold
Freilichtmuseum Detmold

Unsere Woche in Detmold ist wie im Flug vergangen – wir werden wiederkehren.