Lanzarote – Wandern in einer Mondlandschaft

Wir wollen dem Winter entfliehen, Vitamin D tanken, wandern. So buchen wir einen Flug nach Lanzarote; diese Kanareninsel kennen wir bislang noch nicht.

Landschaft im Litoral
Landschaft im Litoral

Das ist ja wie auf dem Mond! Was machen wir bloß in dieser Einöde? Wir wollten wandern, also wandern wir. Die Wege sind gut ausgeschildert und mittels unseres Michael-Müller-Reiseführers suchen wir die für uns interessantesten Touren aus.

Wanderung zur Playa de Risco

Wir starten mit einer der schwierigeren Touren – zur Playa de Risco. Der Einstieg ist in der Nähe des Mirador de Guinate im Norden der Insel.

Blick auf den Playa de Risco und La Graciosa
Blick auf den Playa de Risco und La Graciosa

Den Strand – unser Ziel – können wir schon sehen. Es ist ein wunderschöner heller Sandstrand, aber dort ist nichts weiter – keine Häuser, kein Bootsanleger, keine Sonnenschirme, keine Liegen, kein Mensch. Warum? Ganz einfach: Im Zickzack führt ein geröllreicher Pfad stetig nach unten. Einen anderen Weg gibt es nicht.

Es ist hoch konzentriertes Laufen, denn auf den Schottersteinen rutscht jeder Schritt ein Stück nach. Gut, dass ich hohe Wanderschuhe trage und gut, dass ich meine Wanderstöcke mitgenommen habe.

Weg zum Playa de Risco
Weg zum Playa de Risco

Außer ein paar Eidechsen auf ihren Sonnensteinen und einem Käfer treffen wir nichts und niemanden. Eine Stunde dauert der Abstieg – es geht ziemlich auf die Knie.

Eidechse
Eidechse

Der Genuss beginnt, als wir endlich unten sind und einfach nur geradeaus laufen können.

Wanderweg zur Playa de Risco

Am Ende erreichen wir unser Ziel: eine aufgegebene Salzmine. Vor 150 Jahren wurde hier Meersalz gewonnen. Damals ein lukratives Geschäft, denn Salz wurde für die Haltbarmachung von Fisch benötigt. Nach Erfindung des Kühlschranks verlor Meersalz mehr und mehr an Bedeutung. Wir finden ein herrlich blaues Spielzeugboot. Wie es hierhin gekommen ist? Keine Ahnung. Aber mein ständiger Reisebegleiter möchte, dass ich ein Erinnerungsfoto mache.

Das blaue Boot
Das blaue Boot

Jetzt müssen wir nur noch zurück. Nur noch. Den Berg wieder hinauf. Es gibt keinen anderen Weg. Aber ich sage Euch: Rauf ist leichter als runter. Nach dieser Anstrengung haben wir etwas Süßes verdient. Ganz in der Nähe ist der Mirador del Rio. Dort gibt es neben der Aussicht auf den Strand, die Salzmine und die Nachbarinsel La Graciosa ganz hervorragenden Kuchen.

Mirador del Rio
Mirador del Rio

Salzminen

Es gibt zwei Salzminen, die noch betrieben werden – eine davon ist Los Cocoteros. Von ehemals sieben Arbeitern ist noch einer übrig. Juan. Er erntet hier Salz seit 30 Jahren. Reich wird er davon nicht. Er verkauft das weiße Gold in Tüten von 500 g für 3,00 Euro an Touristen und Anwohner. Juan bewohnt ein kleines, selbst errichtetes Haus. Dieses steht in krassem Gegensatz zu den hübsch weiß gekalkten Häusern der angrenzenden Feriensiedlung. Juan lebt allein, nur ein paar Katzen leisten ihm Gesellschaft.

Los Cocoteros
Los Cocoteros

Heute wird das Meerwasser mit einer elektrischen Pumpe in die kleinen rechteckigen Salzpfannen gepumpt. Früher war der Wind mit seiner Kraft dafür zuständig. Durch Sonne und Wind verdunstet das Meerwasser. Etwa 20 Tage dauert dieser Vorgang. Das Salz wird angehäuft und von groben Verschmutzungen gereinigt. Danach wird es mit gesättigtem Wasser gewaschen. Nun kann dieses sehr reine Salz entweder fein gemahlen oder direkt verpackt werden.

An der Südwestküste gibt es eine weitere Salzmine – die größte der Kanaren. Weite Teile sind stillgelegt, nur ein kleiner Teil ist noch in Betrieb. Es begann 1895 als Familienbetrieb. Heute erstreckt sich das Salinengebiet auf etwa 45 Hektar; das sind ungefähr 63 Fußballfelder. Zeitweise gewannen mehr als 100 Arbeiter bis zu 10.000 Tonnen Meersalz jährlich. Durch neue Kühltechniken, den Rückgang des Fischfangs und durch ausländische Konkurrenz musste die Salzgewinnung zurückgefahren werden.

Salinas de Janubio
Salinas de Janubio

Zwei-Vulkane-Wanderung

Unsere nächste Wanderung führt tatsächlich auf den Mond. So scheint es. Wir nehmen uns das Inselinnere vor und gleich zwei Vulkane. Den ersten sehen wir direkt vor uns, die Montaña del Cuervo. Der Weg dorthin gehört zu den leichtesten Wanderungen auf Lanzarote. Das glaubt Ihr nicht?

Montana del Cuervo
Montaña del Cuervo

Ein breiter Weg führt am Rande der undurchdringlichen Lava auf einen Kegel zu. Diesen Weg dürfen wir nicht verlassen, denn wir sind im Nationalpark Timanfaya, hier gelten besondere Regeln.

Montana del Cuervo
Montaña del Cuervo

Wir bleiben auf dem Weg und auf halber Strecke um den Vulkan sehen wir, dass die Wand an einer Stelle eingebrochen ist. Hier dürfen wir in die Caldera, den Kratergrund, hineinlaufen.

Nach der Umrundung dieses Berges laufen wir auf die andere Seite der Straße zur Montaña Colorada, dem farbigen Berg. Für mich sieht der Vulkan eher grau aus, aber die Farbe variiert mit den Lichtverhältnissen. Der Weg jedenfalls ist breit, gut zu laufen und führt um den Vulkan herum.

Wanderweg zum Pico Colorado

Die Rückseite ist tatsächlich mit rötlichem Gestein, genauer gesagt, Vulkanasche bedeckt. Die meisten Vulkane auf Lanzarote entstanden durch Strombolianische Eruptionen. Charakteristisch für diese Vulkane sind Lavaströme und der Auswurf von Schmelzprodukten, sog. Pyroklastiten.

Zu den Schmelzprodukten zählen die vulkanischen Bomben. Sie haben einen Durchmesser von mehr als 64 mm. An der Montaña Colorada liegt ein Prachtexemplar von Vulkanbombe.

Vulkanbombe am Fuß des Pico Colorado

Diese Bomben entstanden durch extrem hohen Druck auf die Gesteinsmassen im Inneren des Vulkans. Sie wurden bis an den Schlot herauskatapultiert und liegen heute willkürlich verstreut in der Landschaft. Die Gesteinsbrocken können bis zu sieben Meter groß und 50 Tonnen schwer werden. Ihre runde Form entsteht durch die Rotation im Flug.

Das Schöne an diesem Berg ist: Er darf bestiegen werden! Ein Pfad führt an der Flanke stetig nach oben. Der Berg ist nur 468 m hoch, also gut zu schaffen. Allerdings sollte der Wanderer trittsicher und schwindelfrei sein; der Weg ist schmal, es geht steil nach unten – ohne Geländer.

Montana Colorada
Montaña Colorada

Nur ein Panorama kann diese Weite erfassen: Aus 8 Fotos habe ich dieses Bild zusammengesetzt. Etwa mittig ist die vulkanische Bombe zu sehen, die wie ein ungebetener Gast in der flachen Landschaft liegt.

Ausblick von der Montana Colorada
Ausblick von der Montaña Colorada

Der Blick zur anderen Seite, in den eingebrochenen Krater hinein, sieht so aus. Dahinter öffnet sich eine Landschaft aus Vulkankegeln soweit das Auge reicht. Diese kleine 845 km² messende Insel Lanzarote hat mehr als 100 Vulkane mit gut 300 Schloten.

Ausblick von der Montaña Colorada
Ausblick von der Montaña Colorada

Die Montaña Colorada entstand in der Schlussphase der Eruptionen im 18. Jh. als es über und unter der Erde nochmals heftig brodelte. Das topografische Bild dieser Region wurde völlig neu gestaltet.

Soweit das Auge reicht sehen wir ein Meer aus erkalteter Lava. Meist ist es Aa-Lava die auch als Brockenlava bezeichnet wird. Es ist die zähflüssigste Lavaform. Der Name stammt aus dem hawaiianischen und bedeutet: brennend, feurig, steinig.

Aa-Lava
Aa-Lava

Bei der Erstarrung des Schmelzflusses zerbricht dessen Kruste und hinterlässt eine Oberfläche, die mit scharfkantigen, ungleichmäßig geformten, zackigen Brocken und Schollen durchsetzt ist. Diese Lava ist selbst für Menschen mit gutem Schuhwerk kaum zu durchdringen. Wir bleiben freiwillig auf dem angelegten Weg.

La Geria – Weinanbau auf Lanzarote

Wovon leben die Menschen auf so einer Insel? In dieser Einöde aus Lavaasche und Steinen. Die Menschen bauen Wein an. Normalerweise ist in Gebieten mit weniger als 200 mm Niederschlag im Jahr keine Landwirtschaft möglich. La Geria beweist, dass es doch geht: Mit den kleinen Geschwistern der Lavabomben: dem Lapilli oder Picón.

In der zum Teil meterdicken Schicht aus diesem Picón gedeihen die Weinstöcke. Im Gegensatz zu den Lavabomben sind Picón-Stücke zwischen 2 und 64 mm groß. Nachts saugt das poröse Lavagranulat die Feuchtigkeit aus der Luft auf und gibt sie tagsüber an die Pflanzen ab. So gedeiht hier Wein trotz geringer Niederschläge.

La Geria
La Geria

Die einzelnen Pflanzen wachsen in Mulden. Umgeben sind sie von halbrunden Natursteinmauern, den Zocos. Warum? Auf Lanzarote weht ein ständiger Wind; an vielen Tagen ist er kalt und stürmisch. Die Mauern schützen die Pflanze und verhindern das Fortwehen der Picon-Schicht.

Weinanbau
Weinanbau

Auf etwa 2300 Hektar wird in der Region La Geria Malvasia und Moscatel angebaut. Die Trauben werden größtenteils von Hand geerntet. Der Ertrag von etwa 50.000 Hektolitern pro Jahr wird meist von den einzelnen Bodegas direkt verkauft.

La Geria
La Geria

Die älteste Weinkellerei ist El Grifo. Seit mehr als 200 Jahren (1775) werden hier feinste Weine produziert. Die Palme, die aus dem Hof emporragt, ist wahrscheinlich die höchste und älteste Lanzarotes.  Das Wahrzeichen der Bodega ist ein Fabelwesen aus Hahn und Drache. Gestaltet wurde das Wesen von einem Mann namens César Manrique.

El Grifo

Wanderung El Litoral

Direkt hinter dem Ort El Golfo beginnt der Nationalpark Timanfaya mit seiner undurchdringlichen Aa-Lava. Bei den vernichtenden Ausbrüchen im 18. Jh begruben acht Millionen Kubikmeter Lava die fruchtbarste Ackerfläche der Insel. Etwa 420 Häuser verschwanden. Die Lava floss ins Meer und erwärmte das Wasser. Fische starben schwarmweise. Was für ein Desaster.

El Litoral, NP Timanfaya
El Litoral, NP Timanfaya

Heute beeindruckt der Weg mitten durch die Lava. Es ist ein breiter, entspannt zu laufender Fahrweg, der vom Parkplatz an der Montaña Quemada direkt zum schwarzen Sandstrand der Playa del Poso führt. Dieser Weg darf auch auf eigene Faust ohne Nationalparkguide gelaufen werden. (In der Kernzone des Nationalparks Timanfaya ist dies nicht erlaubt.) Es gibt einige niedere Pflanzen, die an Trockenheit und kargen Boden angepasst sind. Sie pirschen sich langsam und zaghaft vor. Darunter Tabeiba und Sodagewächse.

Weg zur Playa del Poso
Weg zur Playa del Poso

Die Brandung an dieser Küste ist nicht minder beeindruckend. Bei Flut schlagen die Wellen meterhoch gegen die steile Lavaabbruchkante. An Schwimmen ist an diesem Strand nicht zu denken – aber für ein kleines Picknick ist die Location allemal geeignet.

Picknick an der Playa del Poso
Picknick an der Playa del Poso

Auf einem Pfad geht der Wanderweg nun direkt an der Küste entlang zurück nach El Golfo. Je nach Wind- und Wetterlage wird hier dank des Spritzwassers auch bei Sonnenschein Regenkleidung benötigt.

Küste El Litoral
Küste El Litoral

Wanderung in der Mancha Blanca

Am nördlichen Außenrand des Timanfaya Nationalparks in der Nähe des Dorfes Mancha Blanca finden wir eine weitere schöne Wandertour. Auch hier: soweit das Auge reicht nur Aa-Lava. Undurchdringlich. Der Wanderparkplatz liegt am Rand des Lavafelds. Ein breiter Wanderweg führt mitten hinein in die Einöde.

Weg zur Montana Blanca
Weg zur Montaña Blanca

Doch das Wetter macht uns heute einen Strich durch die Rechnung. Unser Ziel ist die Spitze des Montaña Blanca – ein 458 m hoher Vulkankegel. Doch nicht mal der Fuß des Berges ist richtig zu erkennen, das sieht nicht gut aus.

Blick zur Montana Blanca
Blick zur Montaña Blanca

Dennoch steigen wir aus dem Auto aus, nur um sofort wieder einzusteigen. Die Wolke entleert ihre nasse Fracht über unserem Auto. Wir sitzen drin, warm und trocken. Gut, dass wir früh aufgestanden sind, so haben wir Zeit. Nach zehn Minuten ist der Spuk vorbei. Es wird heller. Wir steigen aus. Die Wolke hebt sich langsam und gibt die Sicht auf unser Ziel beinahe frei. Sollen wir es wagen? Wir wissen nicht was noch hinterherkommt. Der Himmel verdunkelt sich nochmals, es erscheint ein Regenbogen.

Montana Blanca
Montaña Blanca

Das ist unser Zeichen. Wir stecken vorsichtshalber das Regencape in den Rucksack und marschieren los. Zunächst durch das endlos scheinende Lavafeld. Zwischendurch gibt es an geschützten Stellen immer mal wieder ein zaghaftes Pflänzchen. Dann stehen wir vor dem Berg und wandern den schmalen Weg stetig bergan. Als wir beinahe oben sind ist der Weg nur etwas für schlanke Menschen –  das Wasser hat eine hüfttiefe Furche ausgewaschen.

Aufstieg Montana Blanca
Aufstieg Montaña Blanca

Wir blicken hinüber Richtung Parkplatz. Dort liegt das Dorf Mancha Blanca. Die Lava, durch die wir gewandert sind, stammt vom letzten Ausbruch des Vulkans Clérigo Duarte im Jahr 1824. Kochendes Salzwasser schoss aus den Kratern und überschwemmte die Gegend. Einer dieser Lavaströme bedrohte auch das Dorf Mancha Blanca. In ihrer Not liehen sich die Bewohner die Statue der Virgen de los Dolores (Jungfrau der Schmerzen). Es wird berichtet, dass dank dieser Virgen das Dorf Yaiza bei früheren Ausbrüchen von der Lava verschont wurde. Und tatsächlich: kurz vor dem ersten Haus des Ortes stoppte der Fluss, die Lava erkaltete. Die Häuser waren gerettet. Ein Wunder.

Blick nach Mancha Blanca
Blick nach Mancha Blanca

Dann blicken wir in den gigantischen Krater. Sogar ein paar Büsche wachsen hier und eine kleine Herde Ziegen scheint am Berg zu leben. Allein für diesen Anblick hat sich der Aufstieg gelohnt!

Punta Mujeres – idyllisches Küstendorf für Ruhesuchende

Wir wohnen in Punta Mujeres am nördlichen Ende Lanzarotes, weit ab vom Massentourismus. Hier leben in erster Linie Einheimische; vermietet werden hauptsächlich Ferienwohnungen. Eine davon haben wir gemietet. Es gibt einen kleinen, gut bestückten Supermarkt mit außergewöhnlich leckerem Brot und ein paar kleine Restaurants. Abends ist hier wenig bis nichts los – wer Partys sucht ist in den Ferienorten im Süden besser aufgehoben.

Lanzarote ist jedoch nicht nur Wandern (und Sonnenbaden). Es gibt auf dieser Insel zahlreiche begehbare Kunstwerke, Skulpturen und Windspiele von einem Mann, der das heutige Bild der Insel maßgeblich geprägt hat: César Manrique. Ihm habe ich einen separaten Artikel gewidmet: Danke, César